Wenn ich mich zurückerinnere, wie ich klein war, fällt mir auf, dass ich mich als Kind nie gefragt habe „Bin ich glücklich?“ Ich war es einfach – oder auch nicht. Aber ich bin nicht morgens aufgewacht und habe zum Analysieren angefangen. Ein neuer Tag – ein neues Glück. Was gestern war hat mich selten noch tangiert. Ich war im hier und heute und habe spontan auf das reagiert, was mir der Tag brachte. Mir ist bewusst, dass sich das ein wenig änderte, als ich anfing, zur Schule zu gehen. Damit wir uns nicht falsch verstehen, ich bin gerne in die Volksschule gegangen und ich hatte sehr liebe Lehrerinnen. Aber etwas hat sich schon geändert: Ich wurde bewertet. Und wenn mir etwas nicht gelang, dann hatte das einen negativen Beigeschmack. Man könnte sagen, mit den Fehlern gingen die Entwertungen einher. Das wurde im Gymnasium schlimmer, der Leistungsdruck wurde mehr, die Gangart einen Tick schärfer. Was ich vorher gern und freiwillig machte, wurde zum Zwang und damit automatisch unattraktiv. Lernen machte keinen Spass mehr. Dazu kam der kritische Blick in den Spiegel. Spätestens mit der Pubertät war mein Selbstbild irgendwie anders. Kritischer. Auch das ist ein Punkt, den ich als Kind nicht hatte. Ich dachte mir nichts, wenn ich mich im Spiegel sah. Mit zunehmenden Alter wurde das Aussehen nicht nur immer wichtiger, es wurde auch immer schärfer zensiert. Irgendwann hat mir anscheinend jemand zu verstehen gegeben, dass ich so, wie ich war, nicht gut genug war. Ich habe da so meinen Verdacht, wer da aller daran beteiligt war, aber das spielt hier keine Rolle.
Ich fasse kurz zusammen: Je größer der Leistungsdruck, je kränkender die Entwertungen, desto kritischer mein eigener Blick auf mich und desto weniger Lebensfreude.
Dieses Muster trug ich brav in mir. Ich war unglücklich und unzufrieden, mit mir, mit den anderen, ich war… wie heißt das so schön? Genau – ich war ein kleiner „Weltverdruss“. Je weniger ich mich selbst mochte, desto weniger kam ich mit meinem Umfeld klar. Und das war mir sehr wohl bewusst. Also begab ich mich auf die Suche nach dem verlorenen Glück. Ich las sehr viele sehr kluge Bücher. Ich studierte brav in der Hoffnung, meine Lebensfreude in irgendeiner Weisheit wiederzufinden. Und in der Theorie wusste ich auch recht genau Bescheid. Mein Verstand konnte alles analysieren. Trotzdem stellte sich keine Freude in meinem Leben ein. Es war wie verhext. Ich beschäftigte mich mit Philosophie, Theologie, Psychologie und manchmal auch mit Dingen, die die Wissenschaft wahrscheinlich nur mit einem Kopfschütteln quittiert hätte.
Irgendwann hatte ich das Gefühl, alles über das Thema im Kopf zu haben. Und das war der springende Punkt: Es war alles im Kopf und nichts im Herzen.
Eines Tages, ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben und bezeichnete mich mittlerweile heimlich als unverbesserliche Misanthropin
(oder – wie Schoppenhauer es mit dem Stachelschwein-Gleichnis zu erklären versucht:
„So treibt das Bedürfnis der Gesellschaft, aus der Leere und Monotonie des eigenen Innern entsprungen, die Menschen zueinander; aber ihre vielen widerwärtigen Eigenschaften und unerträglichen Fehler stoßen sie wieder voneinander ab.“)
war ich bei einer lieben Freundin auf Besuch. Wir redeten viel und sie empfahl mir ein Buch, welches sie mir auch sogleich in die Hand drückte. Verständnislos starrte ich auf das Buchcover und las „Das TAO TE PUH“ von Benjamin Hoff. Darauf zu sehen war ein kleiner, gelber Bär mit einer Jacke wie er gerade einen Papierdrachen steigen lässt auf dem das Yin-Yang-Zeichen aufgemalt ist.
Natürlich hatte ich vom Taoismus und von Puh schon gehört, aber die Kombination aus beiden war mir irgendwie schleierhaft. So begann ich mehr aus Neugierde das Buch zu lesen.
Ich kannte den Roman rund um den Bären bis dahin nur vom Hörensagen und die verschiedenen Figuren auch nur vage. Durch das Tao Te Puh lernte ich aber, dass hinter den Gesichtern von Puh, Rabbit, Ferkel und Co. sehr menschliche Wesenszüge lagen. Und zu meinem Erstaunen stellte ich fest, dass diese Charaktere haargenau zu den Stimmen passten, die ich auch in mir immer wieder hören, aber nicht sehen konnte. Oft waren es nicht einmal Sätze, also Gedanken, sondern eher Stimmungen, die ich in mir wahrnahm, so dass es mir plötzlich sonnenklar war, dass diese Figuren meine Gefühle und Bedürfnisse wiederspiegelten. Ich erkannte mich in allen Rollen wieder. Mal war ich so obergescheit wie Eule, naja, so ein bisschen oberlehrerhaft halt. Sie hat ein enormes Wissen und möchte sich gerne mitteilen. Es ist ihr wichtig, dass auch die anderen merken, wie klug sie ist.
Und dann war ich wieder so aufgekratzt und kindisch wie Tigger, also so voller Tatendrang und einem leichten Hang zur Selbstüberschätzung. Und im nächsten Moment deprimiert und sorgenvoll wie Esel, der im Original übrigens „I-Ah“ heißt und ein unverbesserlicher Pessimist ist. Und mürrisch…
Rabbit, das kleines Kaninchen, ist ein Pragmatiker, der auch oft glaubt, dass er recht hat. Er ist ein bisschen getrieben von Eile und hat eine Neigung zum Perfektionismus, der aber leider von den anderen ständig zerstört wird, was ihn oft ziemlich nervt. In allen steckt auch ganz viel Liebenswertes. Rabbit ist sehr praktisch, vernünftig, gut im Organisieren und auch sehr verlässlich. Und er ist immer sehr gastfreundlich, auch wenn Puh ihm seine ganzen Vorräte aufisst.
Und mit Ferkelchen verbindet mich eine ganz besondere Freundschaft! Es ist zwar ein Angsthase und macht sich viele Sorgen, aber wenn’s drauf ankommt, hast es echt viel Mut und wächst über seine Angst hinaus!
Und nun zu dir, mein lieber, süßer Puh. Wenn ich dich ansehe, dann kommen mir gleich die Tränen, aber nicht vor Traurigkeit, sondern weil es mich so berührt. Als ich von dir gelesen habe, wurde mir bewusst, dass du mir all die Jahre schrecklich gefehlt hast, weil du irgendwann vor langer, langer Zeit aus meinem Leben verschwunden bist. Und als ich dich wiederentdeckte, wurde mir klar, wie wichtig du in meinem Leben bist.
Puh: Schnief…Du hast mir auch gefehlt! Aber eigentlich war ich immer da, du hast mich nur nicht mehr gehört.
Ich: Wenn du nicht da bist, dann ist das Leben nicht lebenswert, weil dann etwas sehr Wesentliches fehlt.
Puh: Und was?
Ich: Sorglosigkeit, Freundlichkeit, Herzenswärme, Freude, Sonnenschein, Unbeschwertheit, Unternehmungslust, Freundschaft, Unbekümmertheit, schlicht alles, was das Leben süßer, bunter und freudvoller macht.
Puh: Das mache alles ich???
Ich: Ja, und dafür liebe ich dich über alles!
Alle: Puh, du bist unser Held!
Ich: Und so ward ihr alle plötzlich da, in mir und habt ein Gesicht und eine Stimme und ich verstehe euch jetzt laut und deutlich. Jeder von euch hat etwas zu sagen und vertritt mich in einer bestimmten Weise. Ihr seid alle gleich wichtig und gute Berater für mich geworden. Mit euch macht das Leben wieder Spass und ich verstehe mich jetzt viel besser als früher!
Wollen wir nun gemeinsam einen Neuanfang wagen?
Alle: Jaaaa!!! Hurra!!!!
Ps: Wer jetzt neugierig geworden ist, was es mit der Puh-Qualität auf sich hat, dem empfehle ich, mal wieder in meinem Block vorbeizuschauen, denn auf Teil 1 folgt ganz sicher Teil 2!
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Ich helfe dir gerne weiter.
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